Mein erstes Mal - von der Begegnung mit dem Tod

Marlene Krause, Bestatterin krausebestattungen.de

Der Tod kommt plötzlich ... auch für mich, die Ehefrau eines Bestatters. Ich hatte immer Angst vor toten Menschen, bis ich den ersten kennenlernte. Das Kind eines Bekannten war im Mutterleib verstorben und er bat mich um Hilfe. Ich wollte helfen, aber ich fürchtete mich auch. Doch als ich dieses kleine Wesen hochnahm, um es anzuziehen, waren jegliche Angstgefühle weg. Ich war erfüllt von Glück, weil ich der Kleinen einen schönen Abschied mitgestalten konnte. Es war nicht schlimm, sie aus diesem Tuch herauszunehmen und sie anzuziehen. Ihre kleinen Arme waren kalt, nicht wie ich es von meinen Kindern kannte. Dennoch war es nicht befremdlich, es war - irgendwie - ein tolles Gefühl.

Nach diesem Erlebnis arbeitet ich auch mit erwachsenen Toten. Ich habe das Gefühl, dass ich noch einmal etwas für sie tun kann. Und wenn ich dem Krebskranken nur Socken anziehe, weil er immer so gefroren hat. Immer wieder bin ich fasziniert, wie man seine Angst in Freude und Dankbarkeit umwandeln kann. Ich rede immer mit meinen Toten, ich behandle sie, als würden sie mich hören und ich bin mir sicher, dass Menschen, die ihre Scheu überwinden und sich noch einmal zu ihrem Verstorbenen setzen, ihn berühren, viel für die weitere Trauerarbeit leisten. Denn, wer den Tod nicht greifen kann, der kann nicht be"greifen", dass er da ist. Das habe ich bei meiner Arbeit gelernt.

Drunter & Drüber Der Tod und die Frauen Part VII,  2/2018