Krone 1.4.2017 Die zweite Chance

Menschen mit unheilbaren Herzkrankheiten müssen dank einer medizinischen Revolution - der Organverpflanzung - längst nicht mehr sterben

Als der 54 jährigen Louis Washkansky am 3.12.1967 aus dem Operationssaal gebracht wurde, schlug in seiner Brust das Herz einer 25 jährigen Frau. Der erste Mensch, an dem eine Herzverpflanzung vorgenommen wurde, überlebte 18 Tage.

Mittlerweile bekommen Todkranke tatsächlich eine zweite Chance.

Die Anfänge der Herztransplantation reichen in das frühe 20. Jahrhundert zurück, wo es dem Chirurgen  Alexis Carrel erstmals gelang, Blutgefäße erfolgreich zu nähen.

1912 wurde ihm dafür der Nobelpreis verliehen. Auch ein Österreicher war an dieser medizinischen Revolution beteiligt: Der Wiener Karl Landsteiner entdeckte die Blutgruppen und er erhielt dafür 1930 den Nobelpreis.

Danach dauerte es rund zwei Jahrzehnte, ehe die chirurgische Technik dieses komplizierten Eingriffes unter anderem vom Russen Demikhov und dem Amerikaner Shumway weiterentwickelt wurde. 1964 bekam erstmals ein Mensch ein Fremdherz - das eines Schimpansen. Der Patient überlebte den Eingriff nicht.

1967 war es der Südafrikaner Christiaan Barnard, der die erste erfolgreiche Herzverpflanzung in Kapstadt durchführte. Der Patient starb wenig später an einer Lungenentzündung. Da seine Körperabwehr geschwächt werden musste, um eine Abstoßung der neuen Pumpe zu verhindern, war der Patient der Infektion hilflos ausgeliefert.

Der zweite Patient ein Jahr später hatte mehr Glück: Der Zahnarzt Philipp Blaiberg lebte immerhin 18 Monate weiter. Er und sein Chirurg wurden damals schlagartig berühmt.

In den folgenden Jahren führten viele Zentren diesen Eingriff durch. Allerdings mit bescheidenem Ergebnis: Die Überlebensrate im ersten Jahr lag deutlich unter 50%. Viele Patienten starben an Abstoßungsreaktionen oder Infektionen wegen zu starker Reduzierung der Immunabwehr.

Schließlich blieben weltweit nur drei Zentren in Kapstadt, Paris und Stanford in den USA übrig. Bis zu Beginn der 1980 er Jahre setzte sich die Verpflanzung eines Herzens trotz verbesserter Technik nicht entscheidend durch.

Prinzipiell beruht die Transplantation auf Dem Ersatz des kranken Herzens durch ein Spenderorgan. Dabei wird an der gleichen Körperstelle das neue Organ eingepflanzt. Duese Technik wurde vor allem in Versuchen an Schweinen und Affen entwickelt.

Zwischenzeitlich praktizierte man auch die sogenannte Huckepack - Methode: Dabei wurde das kranke Herz im Patienten belassen, aber dazu ein Spenderorgan eingepflanzt. Es schlugen tatsächlich 'zwei Herzen in seiner Brust', wie Goethe seinen Faust sagen ließ. Davon kam man aber wegen vieler Komplikationen wieder ab.

1981 gelang der entscheidende Durchbruch in der begleitenden Therapie: Eher durch Zufall wurde das Antibiotikum Cyclosporin A entdeckt. Ein Mitarbeiter der Firma Sandoz hatte aus dem Urlaub einen Pilz mitgebracht. Forscher erkannten im Labor, dass dieser Pilz eine immunsenkende Substanz erzeugte.

Zehn Jahre später konnte endlich bei transplantierten Patienten ein Präparat eingesetzt werden, dass die Ergebnisse schlagartig verbesserte. Die Operierten leben seither wesentlich länger, haben weniger Nebenwirkungen und eine bessere Lebensqualität.

In der Folge kam es zu einem zweiten Boom in der Chirurgie. Während 1981 weltweit 90 Herzen verpflanzt wurden, sprang die Zahl vier Jahre später auf über 1000! Bis heute (2017) wurden 130.000 Menschen transplantiert!

Die erste Operation dieser Art in Österreich führte 1983 Prof. Margreiter in Innsbruck durch. In Wien wurde die erste Transplantation von Prof. Laczkovics und Prof. Wolner durchgeführt. 1985 operierte man 13 Patienten, von denn 3 noch leben.

Das Herztransplantationsprogramm in Wien ist mittlerweile das größte in Österreich und auch weltweit bedeutsam. Als Teilbereich der klinischen Abteilung für Herzchirurgie wird die Transplantationseinheit  von Univ. Prof. Dr. Andreas Zuckermann geleitet. Derzeit liegt 10 Jahres Überlebensrate bereits bei rund 70%.

Dieser Bericht ist von Univ. Prof. Dr. Günther Laufer.