Krone 17.1.2016 Geschichte Dr. Martina Winkelhofer

Wer waren die Hexen?

Um Regen herbeizuzaubern, führt man eine nackte Jungfer zu einer Stelle, wo Bilsenkraut wächst. Dort muss das Mädchen das Kraut ausreissen und es sich an die kleine Zehe des rechten Fusses binden. Danach soll die Jungfer im Krebsgang zurück ins Dorf krabbeln.

Diese Anleitung zum Wetterzauber ist nur eiens von unzähligen Beispielen für die Anwendung von ritueller Magie, die sich im mittelalterlichen Busssbüchern finden. Sie belegen, wie tief, trotz der starken Verankerung der Kirche*, im Mittelalter der Glaube verwurzelt ist, durch magische Rituale Unheil abwehren, und Leib, Seele und Eigentum behüten zu können.

Die Lebenswelt des Mittelalters ist hart und gefährlich. Jede Witterkapriole ist existenzbedrohend, denn vom Etter hängt ab, ob man überöebt, denn Frost, Hagel oder Dürre können die Ernte vernichten. Auf Grund mangelnder Hygenie und fehlender medizinischer Versorgung wird ein Großteil der Gemeinschaft dahin gerafft, die Kindersterblichkeit beträgt 50 Prozent.

Um sich und die Seinen zu schützen, wendet man sich an jene, denen die Geminschaft besondere Fähigkeiten zuschreibt: Sie verfügen über geheimes Wissen, wie Schaden und schadensbringende Mächte abzuwehren sind. Sie wissen, wie man Frost und Hagel vertreibt. Aber man kann auch um Liebeszauber bitten, denn sie vermögen es ebenso, die Liebe des oder der Angebeteten zu entzünden oder nachlassende Manneskraft neu zu entfachen.

Je nach Region und Epoche nennt man sie Schamanen, Heiler, Wahrsager oder Zauberer - jedoch noch nicht Hexe. Wann sich das moderne Wort Hexe im deutschen Sprachraum durchgesetzt hat, liegt bis heute im Dunkeln. Wahrscheinlich leitet es sich von Hagazustra ab, das Zaumreiterin bedeutet - ein dämonisches Wesen, das auf Gartenzäunen und Hecken sitzt und die Naturkräfte für sich walten lassen kann.

Der Glaube an die Kraft der Magie und an jene, die sie praktizieren, ist allgegenwärtig und ihre Kunst gefragt - auch das Maleficium, die schwarze Magie. Denn Leid, wirtschaftliche Not oder auch die Unfähigkeit, mit der Ungerechtigkeit des Lebens umzugehen, lassen viele auch zum Schadenszauber greifen.

Dieser starke Glaube an die Wirksamkeit ritueller Magie bringt die Menschen jedoch fataler Weise auch dazu, sämtliches Ungemach und Unglücksfälle auf Zauberei zurückzuführen. Für persönlices Missgeschick und schicksalshaftes Leid ist so schnell ein Schuldiger ausgemacht. Ausgrenzung, Stigmatisierung und Verfolgung sind die Folge - und es beginnt die Jagd auf vermeindliche Hexen.

Zum Thema passend gibt es im Handel ein eigenes Kronemagazin 'Hexen und Vampire' - so lange der Vorrat reicht.