Ganzheitliche Aspekte der Palliativpflege

Gesellschaftliche Entwicklungen und Themen sind über die Jahrhunderte hinweg auch eng mit der Entwicklung der Pflege und deren Professionalisierung verknüpft. Die Rolle, das gesellschaftliche Bild, das Selbstverständnis und die Kompetenz- und Handlungsfelder der Pflege haben sich, der jeweiligen Zeit entsprechend, aus dem gesellschaftlichen Bedarf und den damit verbundenen Herausforderungen stetig weiterentwickelt. Handlungsschwerpunkte der Pflege werden dabei über alle Jahrhunderte hinweg bis heute bewahrt: die zwischenmenschliche Hilfe und die damit verbundene gesundheitliche-, krankheits- und soziale Sorge von und um Menschen.

In der Antike und im Mittelalter stellt Pflege zunächst eine "ehrenamtliche zwischenmenschliche Hilfe" dar, deren Schwerpunkte in der Erhaltung von Gesundheit, Verbesserung von Lebenssituationen in Krankheit und Begleitung sowie Versorgung von schwer kranken und sterbenden Menschen liegen.

Im weiteren geschichtlichen Verlauf wandelte sich die Pflege schwerpunktmäßig in eine "strukturierte gesellschaftliche Aufgabe ärztlicher Assistenz" und ist seitdem untrennbar mit den Entwicklungen anderer Fachbereiche (inbesondere Medizin, aber auch Sozialwissenschaft und Theologie) verbunden. Zu diesem Zeitpunkt wird der erste Grundstein für multiprofessionelles und interdisziplinäres Handeln gelegt. Im Christentum setzt ein erneuter Wandel der Pflege ein und knüpft die Grundlagen pflegerischen Handels eng an das Bild der "tätigen chrsitlichen Nächstenliebe", ausgeübt insbesondere durch christliche Orden. Im 18. Jahrhundert entstehen erste Krankenpflegeschulen zur "Professionalisierung der Pflege", zunächst religiös motiviert, dann zunehmen konfessionell unabhängig. Im 19. Jahrhundert erfolgt ein weiterer Schritt der Professionalisierung durch Entwicklung erster Pflegeverbände und Berufsorganisationen sowie "Pflegewissenschaftlicher Studiengänge" (1910 in den USA; 1990 in Deutschland).

Heute steht die Pflege vor erneuten demografischen und gesundheitspolitischen Veränderungen, denen es gilt Rechnung zu tragen. Gerade im Hinblick auf die im Gesundheits- und Sozialwesen derzeitig notwendigen Veränderungsprozesse gilt es, bestehende Strukturen und Rahmenbedingungen zu prüfen und diese an die bestehenden Herausforderungen praxisnah anzupassen. Auch bestehende Rollen müssen überdacht und fundiert an die gelebte Praxis angepasst werden. Aktuell zu benennen sind hier z.B. Vorbehaltsaufgaben der Pflege in der Grundversorgung sowie in der Sterbebegleitung und Aufgaben in der Behandlungspflege, die auch Einfluss auf das Handlungs- und Kompetenzfeld der Palliativpflege haben.

Die Herausforderungen, denen sich die Sektion Pflege stellt, sind die fachlich Qualifizierte Palliativpflege weiterzuentwickeln, Evidenzen durch Forschung zu schaffen. Dazu hat die Sektion Pflege der DGP fachspezifische Arbeitstage, ein Pflegeforschungsnetzwerk und Fachreferate etabliert. Wichtig und unersetzlich ist dabei, einen ganzheitlichen Blick auf die Pflege zu bewahren, der ihre Entstehung und Entwicklung und die aktuellen anerkannten Kompetenz- und Handlungsfelder mit der gelebten Praxis in Einklang bringen.

Quelle: Zeitschrift für Palliativmedizin März 2019 - Aktuelles aus der Sektion Pflege der DGP